Nutzer wird jetzt bei geringstem Vergehen gläsern
Obwohl gestern noch mehrere große zivilgesellschaftliche Organisationen vor dem neuen Gesetz zur Bestandsdatenauskunft gewarnt hatten, hat der Bundesrat die Regelung heute durchgewunken.
Der Bundestag hatte die Regelung bereits vor einiger Zeit verabschiedet. Erst daraufhin wurde eine breitere Öffentlichkeit auf die problematische Regelung aufmerksam und es mehrten sich die kritischen Stimmen. Durch die Neufassung sollen Ermittlungsbehörden einen viel einfacheren Zugriff auf die persönlichen Daten von Nutzern erhalten.
Auskünfte über die Identität von Personen, von denen beispielsweise nur die IP-Adresse bekannt ist, beschränken sich damit nicht mehr nur auf Straftaten und setzen einen Richterbeschluss voraus. Selbst bei kleinen Ordnungswidrigkeiten kann die Polizei nun bereits komplett in den Daten eines Nutzers stöbern. Eine Prüfung, ob die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt, gibt es dabei nicht. Teilweise besteht zwar der so genannte Richtervorbehalt, in der Praxis werden entsprechende Anfragen von den überlasteten Gerichten aber meist ohne tiefergehende Prüfung unterzeichnet.
Die Behörden würden laut dem neuen Gesetz nicht nur bei geringsten Anlässen Zugang zu Daten wie der Anschrift oder der Kontoverbindung eines Bürgers bekommen, sondern auch zu PIN-Nummern eines Mobiltelefons oder zu E-Mail-Accounts. Es würde damit im Grunde reichen, dass man beim Schwarzfahren erwischt wird, um der Polizei die Möglichkeit zu geben, die kompletten Internet-Aktivitäten eines Betroffenen zu durchleuchten - inklusive seiner Seiten-Besuche und der in Cloud-Diensten gespeicherten Informationen.
"Der Bundestag hat gegen den Rat fast aller Sachverständigen ein grob mangelhaftes Gesetz beschlossen, das in vielen Punkten gegen das Grundgesetz verstößt", kommentierte Markus Beckedahl, Vorstand der Organisation Digitale Gesellschaft, das nun auch im Bundesrat verabschiedete Gesetz. Bürgerrechtler sind bereits darauf eingestellt, die Regelung dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.
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