Die Spionageaffäre um das Prism-Programm der NSA weitet sich aus. Wie nun bekannt wurde, hatte die NSA auch Deutschland und die EU im Fokus ihrer Ermittlungen. Die Betroffenen sind nicht glücklich, können aber eigentlich auch wenig gegen die mächtigen Amerikaner machen.
Die Spionageaktionen der US-Behörde NSA bringen Unruhe auf politische Parkett. Jüngst wurde bekannt, dass die National Security Agency ausgiebig europäische Länder ausspioniert. Eines der wichtigsten Ziele für diese Aktionen ist Deutschland. Auch Institutionen der Europäischen Union stehen im Fokus der Überwachung. Die zunächst verhaltene Kritik an den USA wurde jetzt verschärft. Während man sich in Deutschland noch recht diplomatisch zeigt, um die wichtigen Beziehungen zu den Amerikanern nicht allzu sehr zu belasten, sehen die EU-Parlamentsvertreter nur noch wenig Raum für freundliche Worte. Dort fordern auch deutsche Politiker Konsequenzen – etwa mit der Aussetzung der Verhandlungen über das Freihandelsabkommen. Die USA sollen Garantien dafür geben, dass solche Abhöraktionen in Zukunft nicht wieder vorkommen. Außerdem sei das Vertrauen zu den USA durch die neuesten Erkenntnisse erschüttert.
Bei der EU-Kommission indes ist man für ähnlich scharfe Worte noch nicht zu haben. Wie auch auf dem deutschen politischen Parkett ist man sich darüber im Klaren, dass unüberlegte Aktionen durchaus tiefgreifende Auswirkungen auf die Beziehungen zu den USA haben können. Es sei Kontakt aufgenommen worden und die USA hätten versichert, dass man bei der Aufklärung der gemachten Enthüllungen zusammenarbeiten wolle. Das Problem ist für alle Betroffenen im Grunde das Gleiche: Einfach so akzeptieren will man die Aktionen der USA nicht, aber als Bündnis- und Handelspartner sind die Amerikaner in der globalisierten Welt einfach zu wichtig, als das man ihnen unbedacht vor den Kopf stoßen könnte. Dabei kann die Kategorisierung der USA, die bei der Bespitzelung von "Freunden" eingesetzt wird, durchaus als abfällig bezeichnet werden. Deutschland etwa spielt da nicht in der ersten Liga.
Partner dritter Klasse sind die Deutschen und das bedeutet laut einer NSA-Präsentation, die dem Spiegel vorliegen soll, dass diese gezielt abgehört werden können, sollen und werden. Partner zweiter Klasse, sozusagen die Spitzenposition, sind nur Kanada, Australien, Großbritannien und Neuseeland. Diese vier Länder sind von Spionageattacken ausgeschlossen. Unter den Partnern dritter Klasse hat Deutschland zudem eine Spitzenposition bei der Aushorchung. Kein anderes Land wird von der NSA ähnlich intensiv überwacht. Die Rede ist von durchschnittlich 500 Millionen ausgepähten Verbindungen in Form von Telefonaten, Mails und SMS. Entsprechend steht auch die politische Führungsriege in Deutschland unter Druck, doch die agierte unscheinbar oder ungeschickt - erst heute findet man klare Worte Richtung Obama. Das Thema "Neuland" dürfte kaum an jemandem vorbeigegangen sein. Sicherheitstechnisch betont man, dass man auf die US-Hinweise im Kampf gegen den Terrorismus angewiesen ist. Allerdings ist das Thema auch bei der Bundesregierung parteiintern unter keinen Hut zu bringen. Innenminister Friedrich etwa deutete klar an, dass es zwischen Freiheit und Sicherheit abzuwägen und eine Verhältnismäßigkeit zu bilden gilt. Wie diese aussehen kann, lässt er aber offen. Die Opposition in Deutschland kann sich da mehr erlauben, wenn sie im Wahlkampfjahr den politischen Gegner angeht. Neben der Kritik an den USA wird auch die Kanzlerin hart angegangen, weil die es nicht schaffe, klare Verhältnisse zu schaffen. Die Forderungen sind vielfältig und kommen bisweilen auch vom Koalitionspartner. Das macht deutlich, wie brisant das Thema ist und es ist sogar unwahrscheinlich, dass die Parteien die Meinungen in den eigenen Reihen auf eine Linie bringen.
Problematisch für die USA und für Whistleblower Edward Snowdon gefährlich ist der Imageschaden und der Vertrauensverlust, den die USA durch die Enthüllungen erleiden. Als vertrauensvollen Partner werden manche Länder die USA kaum noch bezeichnen. Außerdem wird es den USA künftig schwer fallen, ihre Ansprüche auf die Weltpolizei geltend zu machen, wenn in den eigenen Reihen nicht sauber gearbeitet wird. Dass bei der hitzigen politischen Diskussion dann Begriffe wie "Stasi-Methoden" fallen, ist nachvollziehbar. Als moralische Instanz kann sich die USA künftig nicht mehr positionieren, wenn es um die Wahrung des Weltfriedens geht. Daher dürften die Amerikaner auch ein enormes Interesse daran haben, Snowdon Dingfest zu machen, um Genugtuung für Blamage mit enormer Tragweite zu erlangen.
Dabei ist Snowdon nicht der erste, der vor der Informationssammlung der USA warnt. William Binney warnt schon seit 2007 vor der NSA und schätzt diese in ihren Machenschaften gefährlicher als KGB, Stasi, Gestapo und SS ein. Außerdem glaubt er, dass die US-Geheimdienste ihren Spielraum ausnutzen, um Regierung und Abgeordnete im Unklaren zu lassen.
Quelle: Spiegel
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